Erbrecht: Pflichtteil versus Schenkung an nicht pflichtteilsberechtigte Personen
Der Wert einer Schenkung, die bei der Pflichtteilsbemessung dem Nachlass hinzuzurechnen ist, ist nach § 788 ABGB für den Zeitpunkt, in dem sie wirklich gemacht wurde (Vermögensopfertheorie), zu ermitteln und anschließend bis zum Todestag mit dem VPI wertgesichert zu indexieren.
Wird eine Immobilie zu Lebzeiten des Erblassers geschenkt, ist konkret der Zeitpunkt des Einlangens des Gesuchs um Verbücherung des Eigentumsrechtes für die Bewertung entscheidend.
Änderung der Rechtslage für Erbfälle nach dem 1.1.2017: Vor Inkrafttreten des ErbRÄG 2015 wurde das Vermögensopfer bei Fruchtgenussrechtsvorbehalt erst mit dem Todeszeitpunkt erbracht (zB 2 Ob 199/20h), nunmehr – infolge der neuen Rechtslage seit dem 1.1.2017 – schiebt ein dem Erblasser vorbehaltenes Fruchtgenussrecht den Bewertungszeitpunkt nicht hinaus.
Fazit: Eine Schenkung wirkt dann nicht pflichtteilserhöhend, wenn die beschenkte Person selbst nicht pflichtteilsberechtigt ist und vom Schenkungszeitpunkt an bis zum Tod des Geschenkgebers mehr als zwei Jahre vergehen.
Übrigens: Ein persönliches Recht, das sich der Erblasser vorbehalten hat und das mit seinem Tod erloschen ist (hier: Fruchtgenussrecht), ist bei der Bewertung der hinzurechnungspflichtigen Schenkung nicht wertmindernd zu berücksichtigen. Wenn sich der Erblasser bei der Schenkung ein Nutzungsrecht für einen Dritten vorbehalten hat (hier: Mit-Fruchtgenussrecht für seinen Ehegatten), handelt es sich bei dem Vorbehalt selbst um eine Schenkung, die bei der Pflichtteilsbemessung zur Hinzurechnung und zur Haftung des Dritten als Geschenknehmer nach § 789 ABGB führen kann.
Link: OGH 2 Ob 199/20h